Bordsteinschwalben, Phantomtore und Scheiße am Fuß

26.03.2005  
SV Herdringen II - TuRa II 4:2


Endlich rollt der Ball wieder!
Das wurde ja auch mal langsam Zeit, nach den ganzen Spielabsagen der letzten Wochen.

Nachdem die TuRaner bereits am Freitag zu einem Achtungserfolg im Testspiel gegen den Mescheder B-Ligisten Hellefeld (1:1) gekommen waren, sollte es nun ernst werden. Ausgerechnet gegen den Aufstiegsaspiranten SV Herdringen II, auf dem neuen Kunstrasenplatz in Herdringen. Gegen den Angstgegner, der TuRa in der Hinrunde mit 5:1 geradezu abgeschlachtet hatte.

Trainer Veltins war angesichts der guten Leistung gegen Hellefeld optimistisch, obwohl er gleich auf mehrere Spieler verzichten musste:
Libbo, neuerdings offizieller zweiter Torwart, fiel mit Oberschenkelproblemen aus, Jens war beruflich unterwegs. Sibbi versuchte sich als Pueddi-Imitator: Mit Krücken und Gipsbein. Kapselriss im Sprunggelenk nach einem Sturz vom Bordstein (!) Vielleicht hätte er besser mal Matz’ Info zum Thema „Trinken mit Verstand“ lesen sollen…

Dennis Kordel wurde Opfer der Umstellung auf die Sommerzeit bzw. seiner Frühjahrsmüdigkeit. Er blieb gleich ganz zuhause. Die Mannschaftskasse klingelt.

Veltins’ Ansage vor dem Spiel war deutlich: Spiel über die Außen, Offensive statt Versteckfussball. Und: Schießen aus allen Lagen. So sollte man auf dem Kunstrasenplatz gegen Herdringen eine Chance haben. Er erinnerte noch einmal an den glorreichen Kampf-Sieg aus der Vorsaison, als man einen 0:2 – Rückstand noch drehen konnte und 3:2 gewann.

Vor der Abfahrt nach Herdringen noch eine letzte Warnung: „Passt auf bei den Standard-Situationen!“

1. Halbzeit:

Der neue Herdringer Kunstrasenplatz ist wirklich sehr schön geworden (inzwischen scheint ja JEDER noch so kleine Verein einen neuen Platz zu bekommen, nur bei TuRa tut sich diesbezüglich nichts…). Doch TuRa ließ sich weder davon beeindrucken, noch von der körperlichen Überlegenheit der Gastgeber. Man nahm direkt das Heft in die Hand. Gute Ballstafetten im Mittelfeld. Kurzpassspiel, direkte Kombinationen. Schön anzusehen.
Ünal hatte vor dem Spiel noch ein paar Verdauungsprobleme. Offensichtlich war sein Gang zur Toilette kurz vor dem Anstoß von Erfolg gekrönt. Das zeigte nicht nur sein erleichterter Gesichtsausdruck, er spielte auch wie befreit auf, verteilte als zentraler Mann im Mittelfeld die Bälle und wirbelte durch die Abwehrreihen. Ahmed und Flüchter ackerten als Stürmer und setzten auch die Anweisungen von Trainer Veltins um, halfen auch hinten aus.Bis auf ein, zwei Distanzschüsse auf den Herdringer Kasten brachte das Engagement der Freienohler jedoch nichts ein.

Anders die Gastgeber, die nach etwa zehn Minuten ins Spiel fanden. Freistoß von der linken Seite, nach einem angeblichen Foulspiel von Matz: Hoher Ball in den Freienohler 16er, Kopfball – an die Latte! Glück gehabt!! Was hatte Veltins noch gesagt? Auf die Standardsituationen aufpassen!!
Und die nächste gefährliche Situation folgte in der 24. Minute: Horst wird an der Ecke des eigenen 16ers von zwei Gegnern in die Zange genommen. Ein Pfiff: Freistoß, allerdings für Herdringen!!! Was mag der Schiri da nur gesehen haben?
Wie es im Fußball meistens so ist, führen umstrittene Situationen nicht selten zu Toren. Wie auch hier. Ein kurzer Anlauf, ein Schuss, und schon schlägt der Ball im langen Eck von Kossis Kasten ein. Unhaltbar? Naja… Aber: Was war denn das für eine Mauer??

Ein Treffer mit Ansage…

Herdringen machte jetzt weiter Druck, beherrschte nun das Spiel im Mittelfeld. Von TuRa nur ab und zu Entlastungsangriffe zu sehen.
Dann die 38. Minute: Handspiel eines Herdringer Abwehrspielers. Freistoß 25m vor dem gegnerischen Kasten. Gute Position für Ünal. Der schnappt sich die Kugel, legt sie sich zurecht. Pfiff, Anlauf. Ein gefühlvoller Schlenzer über die Mauer. Der Torwart ohne Chance:

Ausgleich 1:1 !!

Ein passender Zeitpunkt, so kurz vor der Halbzeit.
Jetzt hieß es, das Resultat halten und mit in die Pause zu nehmen. Doch noch waren ein paar Minuten zu spielen. Direkter Gegenzug, 39. Minute. Wieder Freistoß für Herdringen, 20m vor dem TuRa-Tor. Veltins ahnt Schlimmes, und soll Recht behalten: Wieder ein katastrophales Abwehrverhalten der Mauer. Wieder zappelt der Ball im Netz. 2:1.

Und immer noch kein Halbzeit-Pfiff. Nur zwei Minuten später: Langer Ball in die Freienohler Hälfte. Ein Herdringer Stürmer schnappt sich den Ball auf halblinks, marschiert in den Strafraum, will abziehen. Matz grätscht dazwischen und bekommt den Ball unglücklich an die Hand. Elfmeter. Abgezockt mit der Routine von mindestens 50 Fußballjahren, lässt der Herdringer Libero, auch der „alte Mann“ genannt, Kossi keine Chance. 3:1.

Ein Doppelschlag vor der Pause. - Wirklich bitter…

Betretenes Schweigen in der Kabine. Dumme Konzentrationsschwächen bei den berüchtigten Standards. Das Spiel schien gelaufen zu sein. Doch Kopf hoch. Noch waren 45 Minuten zu spielen. Veltins erinnerte noch mal an das verrückte 3:2 aus dem Vorjahr. Mit Gonzo kam jetzt sogar noch der Matchwinner vom letzten Jahr ins Team. Für ihn blieb Flüchter, am Rande der roten Karte, in der Kabine. Sollte es erneut ein Fußballwunder geben?

Zweite Halbzeit:

TuRa bemüht, noch etwas zu bewegen. Wieder schöne Kombinationen im Mittelfeld. Doch alles brotlose Kunst. Statt dessen Herdringen zunächst am Drücker. Danach verflachte das Spiel zusehends, beide Mannschaften schienen sich mit dem Ergebnis abgefunden zu haben. Einziges Highlight: Ein „Franz-Beckenbauer-Gedächtnis-Dribbling“ von Wredic, der den Ball rechts am Gegenspieler vorbeispielte, seinen Turbo auspackte und links an dem Düpierten vorbeirauschte!!!

Wir schreiben die 70. Minute: Gerade noch lästern Veltins und Pueddi über die bisher grottenschlechte Leistung von Bölte, der heute anscheinend gar keinen Ball treffen will. Da springt der Ball zu besagtem Unglücksraben. Knapp 30m vor dem gegnerischen Tor fackelt er nicht lange. Ein Raunen geht durch die Menge. Wohin mag der Ball denn nun wieder fliegen… …na wohin wohl: links oben ins Knick!!! Traumtor!! Wahnsinn! Da passte kein Blatt Papier mehr zwischen!! Nur noch 3:2!! Jubel bei TuRa. Totenstille bei den Herdringern. Sogar die berüchtigten drei Kinder-Hools, die bislang hinter Kossis Tor die Fahne schwenkten und ihre zwei Standard-Lieder gröhlten, stand der Mund offen, dass ihre Milchzähne sauer zu werden drohten.

Der Ausgleich lag in der Luft, allerdings kam Herdringen ein ums andere Mal brandgefährlich vor das TuRa-Tor. So in der 77. Minute. Schuss vom 16er. Leder klatscht auf Alu. Pfosten. Kossi im Glück. In der 79. Minute dann der Skandal: Durcheinander im Freienohler Strafraum. Die Abwehr bekommt den Ball nicht raus. Ein Schuss. An den Innenpfosten, von dort springt der Ball die Torlinie entlang, Kossi faustet ihn weg. Zum Entsetzen der TuRa-Spieler und -Fans zeigt der Schiri auf den Mittelpunkt. Tor! 4:2.
Das wahrscheinlich offensichtlichste Phantom-Tor seit Thomas Helmer 1994…

TuRa war nun desillusioniert. Dennoch steckte das Team nicht auf. Die beiden Kampis waren inzwischen für Bro und Goldi neu in der Mannschaft gekommen. Und TuRa drängte weiter: Großchance Ahmed in der 82. Minute. Der Versuch eines Lupfers über den Torwart scheitert, der Kopfball im Nachsetzen landet auf dem Außennetz. Drei Minuten vor Schluss wieder Ahmed. Nach einem Abwehrfehler umspielt er den Torwart, wird jedoch zu weit nach außen gedrängt und schießt am Tor vorbei. Schade. Das wars…

Am Ende hieß es 4:2 für Herdringen. Das Ergebnis spiegelt allerdings nicht den Spielverlauf wieder. Ein Unentschieden wäre sicherlich verdient gewesen (das sagte übrigens auch der Schiri nach dem Spiel). Die Mannschaftsleistung stimmte, einige schöne Kombinationen im Mittelfeld bewiesen, dass sich TuRa in technischer Hinsicht vor keinem Team der Liga verstecken braucht. Lediglich bei den Standards und bei manchen Abwehrsituationen muss man in Zukunft einfach cleverer sein. Trainer Veltins beurteilte die Leistung dann auch so: „Die Schwächen bei den Standards waren nach wie vor da, alles andere war heute gut!“

Gut, ja! Es wäre nur schön wenn die gute Leistung auch endlich mal mit Punkten belohnt werden würde. Aber wie sagte Bro treffend: „Haste Scheiße am Fuß, dann haste Scheiße am Fuß“…

Also Leute: Schuhe putzen und nach Vorne gucken!!!



Aufstellung:
Kossi – Wredic – Bölte – Saschbe – Matz – Bro (72. Kampi Junior.) – Goldi (84. Kampi) – Horst – Ünal – Ahmed – Flüchter (46. Gonzo)

Tore:
1:0 Herdringen (25.), 1:1 Ünal (38.), 2:1 Herdringen (39.), 3:1 Herdringen (41.), 3:2 Bölte (70.), 4:2 Herdringen (79.)

Gelbe Karte:
Flüchter (36.)


Zuschauer:
Sibbi, Edelfan

Linienrichter: 
Libbo

 

 

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